Onlinezugangsgesetz (OZG): Zum Stand der Digitalisierung in den Kommunen in Schleswig-Holstein

Stand März 2023

Bis zum Jahresende 2022 sollten alle Verwaltungsleistungen für Bürger:innen online abrufbar sein, so will es das Onlinezugangsgesetz (OZG). Dieses Ziel wurde in Gänze nicht erreicht. Daher wird die Umsetzung des OZG auch in 2023 fortgeführt.

Die Erfahrungen aus den letzten Jahren haben deutlich gemacht, dass es mit der Bereitstellung von Online-Diensten alleine nicht getan ist. Es muss auch die Infrastruktur bereitgestellt werden, die für eine komplette Digitalisierung eines Antragsprozesses notwendig ist. Zudem müssen alle Komponenten ständig gewartet und weiterentwickelt werden. Denn Digitalisierung ist ja nicht irgendwann abgeschlossen. Vielmehr versteht man die Digitalisierung der kommunalen Verwaltung als einen permanenten, sich stets weiterentwickelnden Prozess.

Wo aber stehen wir derzeit im Digitalisierungsprozess in Schleswig-Holstein?

Digitalisierung in Schleswig-Holstein: So ist sie organisiert

Ziel des OZG war und ist immer noch, dass Bürger:innen beispielsweise ihr Auto online anmelden, einen neuen Personalausweis beantragen oder ein Unternehmen anmelden können. Diese und alle weiteren Verwaltungsleistungen sind 14 Themenfeldern (zum Beispiel „Arbeit und Beruf“, „Familie und Kind“ oder „Unternehmensführung und -entwicklung“) zugeordnet. Das gesamte Projekt wird dabei in zwei Programme unterteilt: Im „Digitalisierungsprogramm Bund“ werden alle Leistungen, die in der Regelungs- und Vollzugskompetenz des Bundes liegen, vom Bund digitalisiert. Im „Digitalisierungsprogramm Föderal“ digitalisieren die Bundesländer und Kommunen diejenigen Leistungen, die in ihrer Regelungs- und/oder Vollzugskompetenz liegen.

Die Digitalisierung wird in Schleswig-Holstein von der Landesregierung zusammen mit den Kommunen und den Kommunalen Landesverbänden organisiert. Der ITV.SH unterstützt die Kommunen bei der Umsetzung der Digitalisierung und koordiniert hierzu alle erforderlichen Maßnahmen (u.a. Online-Dienste, Basis-Dienste). Er ermöglicht die Nachnutzung für die Kommunen und übernimmt zudem die Aufgaben des „Einheitlicher Ansprechpartner SH“. Die technische Umsetzung der Projekte erfolgt durch den IT-Dienstleister Dataport AöR.

Siehe hierzu auch: E-Government – Steuerung und Zusammenarbeit

Zusammenarbeit bei der Digitalisierung in Schleswig-Holstein

Digitalisierung der Kommunalverwaltungen: Stand der Dinge

Die Umsetzung des OZG wurde bis Ende 2022 in Gänze nicht geschafft. Da dies auch der Bundesregierung schon länger klar war, hat diese bereits im Mai 2022 eine sogenannte Booster-Liste beschlossen. Diese umfasst die 35 wichtigsten der insgesamt 575 föderalen EfA-Leistungen, die bis Jahresende 2022 umgesetzt und flächendeckend für die Nachnutzung bereitgestellt sein sollten.
Die schleswig-holsteinische Landesregierung hat in ihrem 100-Tage-Programm neben der Digitalisierung einzelner Leistungen, wie z.B. Anmeldung einer Versammlung oder Eingliederungshilfe für Minderjährige auch einen OZG-Shop für Kommunen sowie eine Infrastruktur zur medienbruchfreien Bearbeitung von Anträgen in Aussicht gestellt. Diese Aufgaben haben der ITV.SH und die Kommunen bereits erfüllt. Im Shop stehen derzeit 48 Online-Dienste bereit, die gemeinsam mit den Kommunen entwickelt wurden. Zusätzlich sind weitere EfA-Dienste im Angebot, z.B. Wohngeld, UVO, iKFZ. Weitere Dienste kommen stetig hinzu, allerdings ist dies – wie vieles andere auch – abhängig von der Geschwindigkeit des Imports.

Aktuelle Zahlen zur Nutzung von Basis- und Online-Diensten

Quelle: ITV.SH – Stand: März 2023

Warum wurden nicht alle Online-Dienste bis Ende 2022 umgesetzt?

Die Entwicklung von Online-Diensten ist sehr komplex und muss, je nach Dienst, individuell geplant und umgesetzt werden. Die Herausforderungen waren in ihrer Komplexität beim Start des OZG-Projektes nicht vollumfänglich ersichtlich. Auf der gesamten Bundesebene waren die Kommunen und Entwickler mit diesen neuen Herausforderungen zum ersten Mal konfrontiert. Somit mussten stetig Prozesse angepasst und optimiert werden. Das erfordert neben Know-How eben auch Zeit.
Das EfA-Prinzip zentralisiert und skaliert zwar Aufwand und Kosten, macht Schleswig-Holstein aber auch abhängig davon, wie schnell im Rest von Deutschland Online-Dienste entwickelt und zur Nachnutzung zur Verfügung gestellt werden.
Zudem haben der ITV.SH und die Kommunen schnell erkannt, dass es mit der Bereitstellung von Online-Diensten allein nicht getan ist. Das OZG fordert im Grunde nur die Möglichkeit, dass Bürger:innen Anträge bei den jeweiligen Ämtern digital einreichen können. Schleswig-Holstein hat diesen Auftrag aber bereits weitergedacht. Der ITV.SH hat gemeinsam mit den Kommunen, dem Land und Dataport die Basis für eine ganzheitliche Digitalisierung gelegt. Das Gros der Anträge wird heute noch auf Papier verarbeitet. Wenn Anträge allerdings digital einlaufen, ohne dass die Verarbeitung digital ist, entsteht nur eins: Mehraufwand für die Mitarbeitenden. Sie müssen den Antrag ausdrucken, um ihn zu bearbeiten, ihn zu verschicken und ihn archivieren zu können. Die automatische Weiterleitung an die zuständige Fachabteilung, die Abrufbarkeit von Vorgängen in Echtzeit, sind nicht vorgesehen im OZG 1.0. Aber genau das hat der ITV.SH gemeinsam mit den Kommunen, dem Land und Dataport durch die OZG-Cloud realisiert. Allerdings mussten hierfür, nicht nur zeitliche und monetäre Ressourcen aufgewendet, sondern der rechtliche Rahmen musste zunächst geschaffen werden, und es waren komplexe Abstimmungen zwischen allen Beteiligten notwendig.

Medienbruchfreie Verarbeitung von Antragsdaten: Die OZG-Cloud macht es möglich

Laut OZG reicht es formal aus, einen Antrag als PDF-Dokument auf eine Webseite zu stellen. Allerdings bringt es nicht viel, wenn Bürger:innen dann diesen PDF-Antrag ausdrucken, handschriftlich ausfüllen und per Post an das Amt senden müssen. Im Amt angekommen, werden dann diese analogen Anträge manuell in die Fachverfahren übertragen, damit sie weiter bearbeitet werden können. Noch umständlicher wird es, wenn Antragsunterlagen fehlen. In diesem Fall muss das Amt die Bürger:innen per Post darüber verständigen und die fehlenden Dokumente müssen dann entweder wieder per Post oder persönlich im Amt nachgereicht werden.

Um diesen Prozess deutlich effizienter zu gestalten und eine medienbruchfreie Verarbeitung von Antragsdaten zu ermöglichen, hat der ITV.SH, gemeinsam mit dem Land Schleswig-Holstein, Dataport und mgm consulting partners GmbH die OZG-Cloud (zuvor Kommunales OSI-Plugin – KOP) entwickelt. Die Entwicklung der OZG-Cloud startete schon Ende 2020 und konnte bereits im frühen Sommer 2021 bei einigen Kommunalverwaltungen live genutzt werden. Inzwischen wurde die OZG-Cloud von über 100 Kommunen in Schleswig-Holstein bestellt und wird derzeit implementiert. Auch anderer Bundesländer sehen die großen Vorteile und sind in den Vorbereitungen, die OZG-Cloud bei sich nachzunutzen – ganz nach dem Einer-für-Alle-Prinzip.

Weiterführende Links:

InnoLab-Talk: OZG-Umsetzung: Medienbruchfreie Weiterverarbeitung von Onlineanträgen
OZG-Cloud: Digitale Blaupause für Kommunen aus Schleswig-Holstein

Die OZG-Cloud: So funktioniert sie

Ein Beispiel soll die Funktionsweise der OZG-Cloud verdeutlichen. Der Online-Dienst „Gewerbeanmeldung“ steht zur Verfügung und Klara Muster möchte nun online ihr Gewerbe in Musterstadt anmelden.

Quelle: ITV.SH

Damit Klara Muster den Online-Dienst überhaupt finden und verwenden kann, pflegt das Amt Musterstadt den Online-Dienst „Gewerbeanmeldung“ im Zuständigkeitsfinder Schleswig-Holstein (ZuFiSH) ein (siehe Grafik Nr. 1). Hier wird genau festgelegt, wer zuständig für die Bearbeitung ist und wie die notwendigen Informationen übertragen werden sollen. In Schleswig-Holstein gibt es dafür drei Möglichkeiten: ein zentrales Funktionspostfach, den Nachrichtenbroker oder eben die OZG-Cloud. Das Amt Musterstadt nutzt natürlich bereits die OZG-Cloud.
Nachdem der Dienst im ZuFiSH eingepflegt und dem Amt zugeordnet ist, kann Klara Muster über das Bürgerportal des Amtes Musterstadt nun den Dienst aufrufen und ihr Gewerbe anmelden (Nr. 2).
Um sicherzustellen, dass es sich auch wirklich um Klara Muster handelt, muss sich Frau Muster zunächst authentifizieren. Dies geschieht über das OSI-Servicekonto (Nr. 3). Nach der erfolgreichen Authentifizierung, kann Klara Muster online die entsprechenden Informationen eingeben und die notwendigen Dokumente zur Gewerbeanmeldung hochladen. Im Backend wird nun sofort ermittelt, welche Stelle für die weitere Verarbeitung zuständig ist (Nr. 4). Nach dem Absenden werden die Daten dann an die OZG-Cloud des Amtes Musterstadt weitergeleitet (Nr. 6). Innerhalb der OZG-Cloud hat der Sachbearbeiter Max Schröder nun die Möglichkeit, die Antragsdaten einzusehen und mit Klara Muster, wenn erforderlich, auch in Kontakt zu treten (Nr. 7). Frau Muster hat bei ihrer Gewerbeanmeldung vergessen eine Kopie ihres Personalausweises hochzuladen. Max Schröder in Musterstadt kann nun über die OZG-Cloud Frau Muster eine Nachricht senden und sie um die Nachreichung dieses Dokumentes bitten. Die Nachricht bekommt Klara Muster in ihr Servicekonto und kann direkt die fehlende Kopie hochladen und an Herrn Schröder schicken.
Max Schröder kann jetzt, da der Antrag vollständig vorliegt, die Daten weiter in dem jeweiligen Fachverfahren bearbeiten (Nr. 8). Den positiven Bescheid kann er dann abschließend auch über die OZG-Cloud an Klara Muster schicken.

Riesen Mehrwert: Vorteile der Digitalisierung für Bürger:innen

Bürger:innen haben die Möglichkeit orts- und zeitunabhängig Verwaltungsvorgänge digital von zu Hause, unterwegs, aus dem Urlaub, vorzunehmen. Was bisher einen oder mehrere Gänge zum entsprechenden Amt erforderte, kann nun in ein paar Mausklicks auch außerhalb von Öffnungs- und Sprechzeiten stattfinden.

Riesen Mehrwert: Vorteile der Digitalisierung für die Verwaltungsarbeit

Durch die vollständige Digitalisierung von Verwaltungsleistungen, wird sich die Bearbeitung von Anträgen erheblich vereinfachen. Bisher wurden Anträge handschriftlich ausgefüllt und in Papierform eingereicht. Dies stellte oftmals schon die erste Hürde da: nicht jede Handschrift ist einfach und fehlerfrei zu lesen. Diese analogen Anträge mussten dann umständlich in die jeweilige Fachverfahren übertragen werden. Selbst, wenn Anträge digital eingereicht werden konnten, beispielsweise über ein online-ausfüllbares PDF, mussten diese nach Eingang ausgedruckt und die Daten manuell in die Fachverfahren übertragen werden. Die gesamte Korrespondenz mit den Antragstellenden fand per Post statt. Fehlte ein Antragsdokument, wurde ein Brief geschickt. Die Antragstellenden mussten das fehlende Dokument dann ebenfalls per Post wieder an die entsprechende Stelle schicken oder selbst zum Amt gehen. Nach erfolgreicher Bearbeitung wurde dann der Bescheid per Post an die Antragstellenden geschickt. Abschließend mussten dann sämtliche Dokumente abgelegt und archiviert werden.
Digitalisiert man diesen gesamten Prozess, beschleunigt dies nicht nur die Bearbeitung, sondern macht sie auch leichter. Alle Verwaltungsmitarbeitenden können den Bearbeitungsstand jederzeit abfragen, Vertretungen innerhalb der Ämter werden einfacher und lange Wartezeiten bei den Antragstellenden können verhindert werden. Die gesamte Bearbeitung erfolgt medienbruchfrei, sie wird zeitlich und örtlich flexibler, Fehlerquellen werden minimiert und mit einem digitalen Ablage- und Archivierungssystem wird zugleich Platz gespart.

OZG-Umsetzung: So geht es weiter

Mittlerweile ist deutlich geworden, dass es mit der Bereitstellung von Online-Diensten alleine nicht getan ist. Es muss auch die Infrastruktur bereitgestellt werden, die für eine komplette Digitalisierung eines Antragsprozesses notwendig ist. Zudem müssen alle Komponenten ständig gewartet und weiterentwickelt werden. Denn Digitalisierung ist ja nicht irgendwann abgeschlossen. Daher wird auch die OZG-Umsetzung nicht mehr nur als ein Projekt betrachtet, das zu einem bestimmten Termin abgeschlossen ist. Vielmehr versteht man die Digitalisierung der kommunalen Verwaltung als einen permanenten, sich stets weiterentwickelnden Prozess.
Eine erfolgreiche Entwicklung ist von verschiedenen Faktoren abhängig:

  • Finanzielle Mittel
  • Fachliches Know-How: Die ohnehin nur geringen Ressourcen in der Online-Dienst-Entwicklung müssen auch zur Verfügung stehen
  • Die Online-Dienste sollten über die Landesgrenzen hinaus möglichst unproblematisch nachnutzbar und/ oder die EfA-Dienste länder- und kommunalspezifisch anpassbar sein.

Online-Dienste: Weiterentwicklung, Pflege und Finanzierung

Der ITV.SH betreut die Online-Dienste weiter, die den Kommunen zur Nachnutzung zur Verfügung gestellt werden. Damit ist sichergestellt, dass die Dienste an gesetzliche Änderungen angepasst, für kommunale Belange individuell ergänzt sowie funktional und technisch weiterentwickelt werden. Auf Fehler wird so adäquat und schnell reagiert. Das Land Schleswig-Holstein hat beschlossen den Betrieb sowie die Weiterentwicklung der Online-Dienste bis Ende 2024 zu finanzieren.

Zukünftige Herausforderungen: So geht es ab 2024 weiter

Digitalisierung soll nicht nur horizontal (mehr Online-Dienste bereitstellen) sondern auch vertikal tief in die kommunalen Strukturen vordringen. Der Mehrwert für die Mitarbeitenden in den Kommunen soll weiter wachsen, und dafür muss der notwendige Kulturwandel jetzt angestoßen werden.
Des Weiteren werden die Themen IT-Sicherheit, Digitale Archivierung, Digitale Bildung, ein guter Support sowie Vernetzung und Weiterbildung von Mitarbeitenden in den Kommunen zukünftig große Relevanz haben.

Digitale Transformation: Der ITV.SH unterstützt mit vielfältigem Angebot

Um die Transformation der Verwaltungsarbeit gut zu unterstützen, hat der ITV.SH verschiedene Angebote für die Kommunen entwickelt:
Mit einer ITV.SH Vernetzungsplattform, die mittlerweile von mehr als 2.000 kommunalen Vertreter:innen genutzt wird, haben diese die Möglichkeit sich auszutauschen und voneinander zu lernen. Zudem werden regelmäßig Veranstaltungen angeboten, die die Mitarbeitenden der Kommunen informieren und schulen sollen (OZG-Update, OZG-Grundlagenschulung). Darüber hinaus hat der ITV.SH zusammen mit der Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung (FHVD) in Altenholz und dem Weiterbildungsinstitut der Verwaltung Komma in Bordesholm einen Weiterbildungslehrgang für kommunale Digitalisierungsmanager:innen etabliert. Dieses Angebot soll zukünftig noch um ein Kompaktseminar für Führungskräfte erweitert werden.
Über den Online-Shop können sich Mitarbeitende über die Online- und Basis-Dienste informieren und diese direkt bestellen. Perspektivisch sollen weitere intelligente Online-Dienste mit integriertem Empfehlungssystem entwickelt werden, sodass z.B. bei der Ummeldung des Wohnsitzes automatisch auch die Ummeldung des PKW und weitere Dienste vorgeschlagen werden.

Jan-Phillip Staack

Jan-Phillip Staack

Bei Fragen zur OZG-Cloud
Tobias Allendorf

Tobias Allendorf

Bei Fragen zu Online-Diensten
Michael Koschinski

Michael Koschinski

Bei Fragen zu Online-Diensten